13.08.2006 Westfahlentriathlon - mein erster Triathlon - Anke Klimm
„Wenn Du nächstes Jahr in Roth starten willst, dann musst Du am Westfalentriathlon in Dortmund
teilnehmen!“ Diesen Satz hatte Uli, mein Mann, ausgesprochen und der Satz ließ mir das Blut in den
Beinen gefrieren. Der Westfalentriathlon war schon in 5 Wochen und ich konnte bisher nur 400 m am
Stück kraulen.
Wir befanden uns gerade in einer Familienbesprechung, saßen in der Sonne vor unserem Wohnmobil
am Brombachsee im Landkreis Roth. Ich hatte zwei Tage zuvor in der Staffel die Challenge in Roth
als Läuferin bestritten. Den Wunsch die Triathlonlangdistanz als Einzelstarterin zu bestreiten,
schleppte ich nun schon ein Jahr mit mir herum.
Nach einer 20jährigen Volleyballkarriere hängte ich mein größtes Hobby an den Nagel. Ich war mit 37
Jahren die Oma in der Landesliga. Ein Leben ohne Sport kam für mich nicht in Frage und so schloss
ich mich nach einigen Recherchen dem LTB (Lauftreff Bittermark Dortmund) an. Das Angebot, die
unterschiedlichen Laufgruppen, die Ruhrklippe und die Internetseiten hatten mich überzeugt. Ich fand
gefallen am gemeinsamen Marathontraining, lernte tolle Menschen kennen und gewann neue Freunde.
Ein Bericht von Arnold machte mich ganz neugierig auf den Triathlonsport. So kam es, dass wir zwei
Staffeln und Kai als Einzelstarter nach Roth im Jahr 2005, begleitet haben. Schon beim Zuschauen
hämmerte sich ein Satz in mein Hirn: Das will ich auch!!!
Einigen anderen LTB’lern ging es ähnlich. Keiner konnte jedoch kraulen, geschweige denn Rennrad
fahren. Wir konnten George und Robert als Schwimmtrainer gewinnen und trafen uns regelmäßig zum
U-Boot-Training. Ein Rennradkaufboom entstand und die Kasse von Mario Sobotkas Fahrradladen
klingelte ständig. Wir besuchten einen Kraulanfängerkurs bei den Geckos, lernten beim Rennradkurs,
den Mario durchführte, das Windschattenfahren (darf man beim Triathlon nicht – egal – wir können
es!) und Horst machte aus uns Profi-Schlauchwechsler.
Der Traum von der Langdistanz musste noch etwas warten, aber der Virus Triathlon nahm seinen
Lauf beim LTB. Diesen Sommer gingen wir mit 6! Staffeln in Roth an den Start. Einige Marathoni
versuchten sich in neuen Sportarten, so startete Beate beim Schwimmen, Manuela, Uwe K. und Rolf
beim Radfahren, andere, so wie ich, blieben dem Laufen treu und wieder andere brachten ihre Erfahrung
vom letzten Jahr ein. Besonders beeindruckt haben mich die mitgereisten LTB-Fans, immerhin sind es
450 Kilometer bis Roth. Arnold hat sogar seinen Urlaub unterbrochen und das Gotteshaus in Barop
musste ohne Pfarrer Hans-Jürgen auskommen. Aber der liebe Gott war bestimmt ganz stolz auf seinen Hirten,
denn Hans-Jürgen hat mich und andere Schäflein mehrere Kilometer auf der Marathonstrecke begleitet und
motiviert.
Nun saß ich also am Brambachsee, hatte gerade den Marathon in den Knochen, schwebte auf Wolke
7, hatte den ganzen LTB lieb, konnte Dank George und Robert 400 m am Stück kraulen und kannte
alle RTF’s (= Rad Touristik Fahrt – organisierte Radtouren) in der Umgebung. Mit diesen
Vorraussetzungen wollte ich Uli das Roth-o.k. entlocken. Als Ehefrau, Mutter, Hausfrau, Frauchen
einer verwöhnten Labbihündin, Schwester, Tante (von dieser Seite ernte ich besonders wenig
Verständnis), Freundin, Schwiegertochter usw. braucht man dieses o.k. und dann kam der Satz: „Erst
den Westfalentriathlon! Und zwar die Olympische Disziplin... 1500 m schwimmen!!!
Am nächsten Tag besuchte ich ein Freibad. Mit übersinnlichem Willen kraulte bzw. tauchte ich die
1500 m am Stück (in 43 Minuten) und war richtig stolz. Ich berichtete Manuela von den Bedingungen
meines Mannes. Sie hatte sich schon für Roth angemeldet. Aus Solidarität und Freundschaft wollte sie
in der Sprintdistanz (Jo nennt sie „Hausfrauendistanz“) starten. Wir trainierten fast täglich zusammen,
oft absolvierten wir zwei Trainingseinheiten, da uns die Zeit im Nacken saß. Von George bekamen wir
einen Trainingsplan und die restlichen Informationen holten wir uns aus Büchern. Wir bestritten unser
1. Koppeltraining, radelten im Geschwindigkeitsrausch auf der Niere in Dortmund und übten mit Hilfe
der Gartendusche das Neoprenausziehen. Immer wieder begleiteten uns einige LTB’ler beim
Schwimm-, Rad- und Lauftraining, nur das Duschtraining blieb Geheimsache. Wir hatten viel Spaß!
Besonders lustig war unser letzter großer Test vor dem Wettkampf mit Rolf. Er wollte auch die
Volksdistanz bezwingen. Zum Glück gehört das Neoprenanziehen nicht zum Wettkampf, sonst hätte
Rolf gleich zu Hause bleiben können. Wir schwammen etwas im Kanal, mussten uns vor dem
Ausflugsdampfer in Sicherheit bringen, erkundeten die Radstrecke und eierten durch den
Fredenbaumpark. Rolf blieb zum Glück unverletzt, nach solchen Trainingseinheiten trug er sonst
immer einen Verband oder Pflaster.
Und dann war er plötzlich da, der 13.08. Hoffentlich der Tag der Anmeldung in Roth.
Ich fuhr schon früh mit Uli nach Dortmund, da ich Manuela, Rolf und Hans-Jürgen, der schon wieder
den Gottesdienst schwänzte, noch viel Glück wünschen wollte. Ihr Start war schon um 9.20 Uhr. Wir
trafen uns in der Wechselzone und machten uns gegenseitig Mut. Leider konnte ich ihren Wettkampf
nicht ganz verfolgen, da mein Start auf 10.40 Uhr angesetzt war. Ich sah Manuela aus dem Wasser
kommen, Rolf in seinem Biene-Maja Neo, wie war er da bloß rein gekommen? Und Jo auf der Jagd
nach den Hausfrauen. Der Pfarrer musste ohne meinen Segen die Strecke bewältigen. Ihn hatte ich
nicht gesehen oder erkannt. In Laufsachen kein Problem, aber in Badehose!
Jetzt versuchte ich mich auf meinen Start zu konzentrieren. In meiner Wechselzone traf ich Andreas
vom LTB und einige Hagener Triathleten. Alles Profis, die sich gleich über meine „Packtaschen“ und
„Picknick-Verpflegung“ lustig machten. Ich stellte mein Fahrrad ab, sortierte die Rad- und Laufutensilien, zog
meinen Neo an und entschied mich für einen Klogang, denn ins Wasser pullern hatten wir nicht geübt.
Kurz vor dem Start traf ich sie dann: meine Freunde vom LTB! Sie hatten sich aus den Betten gequält,
obwohl wir am Tag zuvor unser großes Sommerfest gefeiert hatten. Alle waren sie gekommen: Arnold,
der Urvater des Triathlon mit der Kamera, Hartmut, hast Du wirklich auf einen Flugtag verzichtet?,
Ingrid kurz vor ihrem großen Umzug, Sabine, obwohl Uwe auch einen Wettkampf hatte, Georg,
Monika, Andrea, Tina, und, und, und,. Mir kamen fast die Tränen. Schnell gab ich Uli ein Küsschen
und nahm die guten Wünsche mit auf den Weg.
Ich ging mit Andreas über die Zeitmatte, setzte mich auf den Schwimmsteg und ließ mich in das
verhasste Nass gleiten. Dann ging alles ganz schnell. Ich positionierte mich am Ende des
Teilnehmerfeldes und schon knallte der Startschuss. Alle um mich herum ruderten wild los. Ich
schwamm ein paar Meter im Bruststil und ging dann langsam zum Kraulstil über. Die 1500m wollte ich
durchkraulen, aber schon nach wenigen Metern gab ich mein Vorhaben auf. Wenn ich keinen Tritt
abkam, schluckte ich Wasser oder hatte Seegras vor der Schwimmbrille. Im Freibad hatten meine
Schwimmeinheiten richtig gut geklappt. Wo war nun mein Selbstvertrauen? Im Kanal? Das
Schwimmen war grausam. Leider habe ich nie meinen Rhythmus gefunden und ich wechselte ständig
von Kraul- zum Brustschwimmen. Auch nach der Wende wurde es nicht besser, aber irgendwie habe
ich das Ziel erreicht. Ein netter Helfer zog mich aus dem Wasser und donnerte mich mit dem
Hüftknochen gegen den Schwimmsteg, auaaaaahhhhh. Die Beine waren total wackelig. Den Steg und
die Zeitmatte konnte ich nur gehend überwinden. Die LTB’ler brüllten mir zu, aber ich konnte mich
nicht freuen, nicht lächeln, nicht laufen, dabei wäre der Blick zur Uhr ein Lächeln wert gewesen: 33
Minuten! George, was sagst Du dazu?
In der Wechselzone bekam ich meinen Neo nicht aus – Mensch das haben wir so oft unter der
Gartendusche geübt. Mit Gewalt ging es dann. Schuhe an, Nummer um, Helm und Brille auf fertig los.
Die ersten Radmeter waren komisch, aber ganz langsam fand ich meinen Rhythmus, wurde etwas
ruhiger und die Gedanken wurden positiver. Nach 10 km hatte ich die 1. Runde geschafft. Die LTB-Horde
hatte sich neu positioniert und ich konnte ihre Anfeuerungen voll genießen!!! Mein Lächeln hatte sich im
Gesicht fest getackert. Jetzt hatte ich richtig Spaß.
In der 2. Runde sah ich Andreas. Wir winkten uns zu. Ich fuhr wieder an meinen Fans vorbei, fast in
die Wechselzone, anstatt in die 3. Runde und fühlte mich klasse. Bis ich an mir runter sah.
Irgendetwas fehlte an mir – der Chip. Ich hatte ihn beim Neoausziehen verloren. Was nun? Aufhören?
Ich informierte jeden Helfer und man sagte mir, dass ich weiterfahren sollte. Toll, mein erster Triathlon
und ich bin nicht in der Wertung, dabei hatte ich doch 3 Euro für die Urkunde überwiesen. Egal, ich
fuhr mein Rennen zu Ende und fand in der Wechselzonen - meinen Chip. Glück gehabt!
Schnell zog ich die Laufschuhe an, Kappe auf, Chip um und los. Angefeuert von meinem Fanpulk
machte ich mich auf die 10,5 km. Endlich eine Disziplin, die mir vertraut war, nur die Beine waren
eierig. Nach dem 1. Kilometer wurde es besser und die Uhr stoppte bei 4:15 Minuten – viel zu schnell.
Also einen Gang raus und locker weiterlaufen. Die Zwischenzeiten blieben bei 4:22 Minuten. Arnold &
Co brüllten und ich schwebte mit dem fest getackerten Grinsen durch den Fredenbaumpark.
Roth kam langsam näher – nein nicht langsam sondern schnell. Nach 10 km zeigte meine Uhr eine
Gesamtzeit von 43:46 Minuten – so schnell war ich noch nie und das nach einem Chaosschwimmen
und 40 km Radfahren (ohne Chip) in den Beinen. Die letzten 500m (waren bestimmt 800m) habe ich
in vollen Zügen genossen. Mein erster Triathlon!!! Geschafft!!! Gesamtzeit 2:41:26 und ich war in der
Wertung. Ich wurde 4. in der AK (von 8), 13. Frau (von 34), war 25. nach dem Schwimmen, 16. nach
dem Radfahren und lief die 6. schnellste Zeit – alles unwichtig. Ich will nach Roth!
Mein Mann und jeder der es nicht wollte bekamen eine schwitzige Umarmung und danach gingen wir
zur Siegerehrung, denn da stand Manuela auf dem Treppchen. Sie ist bei ihrem 1. Triathlon über die
Sprintdistanz 2. in ihrer AK geworden. Klasse!!! Ich war sehr stolz auf sie. Rolf, Hans-Jürgen und
Andreas haben natürlich auch gefinisht und Jo hat alle Hausfrauen besiegt. Ein toller Tag mit ganz
tiefen freundschaftlichen Gefühlen. Vielen Dank für Eure Unterstützung!
Und was habe ich abends gemacht? Ich habe es getan!!!!!!
Fazit:
Mit dem LTB kann man seine Träume verwirklichen, findet Freunde und hat jede Menge Spaß. Ich bin
sehr gerne Mitglied beim LTB und froh, dass ich nach 20 Jahren Volleyballtraining (habe fast kein
Training verpasst!) nun selbst entscheiden kann ob ich zum Lauftreff gehe oder nicht. Manchmal
verärgern wir Trias einige Mitglieder, weil wir mal wieder im Schwimmbad sind oder mit dem Rad die
Welt erkunden, anstatt die Ruhrklippe zu laufen. Ich möchte mich für dieses Fehlverhalten im Namen
aller Kachelzähler entschuldigen und hoffe auf Euer Verständnis. Kommt doch mal z.B. als
Staffelteilnehmer mit nach Roth oder zeigt Euch in der Badehose – doch Achtung:
der Triathlonvirus ist ansteckend!
Anke Klimm