25.03.2001 Rom Marathon - Jörg Weitkamp

Hinweis: Dies ist kein vollständiger Reisebericht über die tolle Romreise die wir (ca. 30 LTB'ler) gemacht haben, sondern beschränkt sich rein auf den Marathon.

Die Marathon-Messe

Für das Abholen der Startunterlagen auf der Messe muß schon eine wenig Zeit mitbringen, da man an einem relativ kleinen Stand anstehen muss. Vorher muss man sich aber an einem Automat eine Nummer ziehen. Wenn diese in der Anzeige erscheint, kann man seine Unterlagen abholen. Ein Verfahren wie früher bei Ärzten oder auf Ämtern. Dafür herrscht dann an dem Tisch keine Unruhe und Gedränge. Nach dem klären der Formalitäten kann man sich dann sein Präsent (ein hübscher Rucksack mit T-Shirt, Gatorade, Nutella, ...) abholen. Die Marathon-Messe selbst war erstaunlich klein und wenig interessant. Da hatten wir mehr erwartet.

Der Rom-Marathon

Da der Start beim Kollosseum erfolgt, ist rund um diese historische Ruine am Sonntagmorgen ein Riesentrubel.Man zieht sich auf den umliegenden Wiesen um und vor klassischer Kulisse wird noch schnell ein Erinnerungsfoto geschossen. Die Abgabe der Rucksäcke ist gut organisiert. An einer Straße hinter dem Kollosseum warten diverse Busse, die nach Startnummern gegliedert sind. Das macht auch das Abholen leicht.
Der Zugang zum Startbereich auf der Via die Fori Imperiali ist nicht so gut geregelt. Man muss sich durch eine längere Gasse zwischen zwei Bauzäunen hindurchdrängeln. Ein paar Zugangsmöglichkeiten mehr und evtl. noch mehr Startergruppen wären m.E. besser.

Startschuss, es geht los! Der Marathon durch eine einzigartige Kulisse beginnt. So viel wie in Rom gibt es wohl nur bei ganz wenigen Läufen zu sehen. Aber Sightseeing haben wir uns ja für die anderen Tage vorgenommen, jetzt wollen wir mal versuchen schnell zu laufen. Auf den Anfangskilometern glaube ich, bei einem absoluten Topathleten-Lauf zu sein, denn viele Läufer überholen mich in einem flotten Tempo. Viele davon sind allerdings "nur" Halbmarathon-Läufer, die haben es ja nicht so weit. Ok, ich gebe zu, dass es auch einige Läufer sind, die die volle Distanz absolvieren. Das Wetter ist vielleicht für Touristen und Römer nicht ganz so wie erwünscht, aber für uns hat es sich noch brauchbar entwickelt. Statt der angekündigten 24-27°C mit Sonnenschein, sind es nur knapp 20°C mit leichter Bewölkung. Als wir zu Hause losfuhren waren es ca. 6°C!
Zuerst geht es über die Piazza Venezia am Kaptiol- und am Palatinhügel vorbei. Diese ersten Kilometer führen schon über Kopfsteinpflaster. Aber da die Beine und Geist noch frisch sind, macht es nichts aus. Bald kommen wir am Marcellustheater und der Synagoge vorbei. Nun geht es wieder über die Piazza Venezia. Hier fordert das Kopfsteinpflaster erstmals ein Opfer. Direkt vor mir gerät ein Läufer ins Stolpern und fällt hin. Fast wäre ich auch über ihn gestolpert. Ich helfe ihm wieder auf und weiter geht's. Ich hatte schon Bilder von einem Massensturz, ähnlich wie bei Radrennen vor meinem geistigen Auge. Die Strecke verläuft nun ein wenig Richtung Norden und anschliessend Richtung Westen über den Tiber hinweg. Wir laufen jetzt auf den Vatikan zu, direkt vor uns ist der Petersdom zu sehen. Toll! Vor dem Petersplatz geht es dann nach rechts Richtung Norden.Wir laufen über die Piazza Giuseppe Mazzini und weiter entlang des Tibers nach Norden. In ca. 70 Meter entfernung vor mir sehe ich einen Läufer, der auch einen roten Renner auf dem Rücken trägt. Es ist Klaus-Peter. Schön, in der grossen Menge seine Vereinskameraden wieder zu sehen. Auf einmal höre ich jemanden neben mir der "Hallo, Jörg" sagt. Verwundert sehe ich meinen Vereinskameraden Ralf. Den hatte ich eigentlich schon viel weiter vorne erwartet. Wie ich später erfuhr, musste er wegen Magenbeschwerden schon einmal austreten. Ich sage ihm, daß etwas weiter vorne Klaus-Peter läuft. So zieht er mit bekannt schnellen Schritten weiter und ich sehe, wie er bald bei Klaus-Peter ist. Sind Römer eigentlich Langschläfer oder nicht sonderlich interessiert am Marathon? Hier gibt es nur wenig Zuschauer. Der Weg führt jetzt über eine Auffahrt auf eine Schnellstraße (Via del Foro Italico). Autsch! Ich bin unachtsamerweise in ein Schlagloch getreten. Ist aber nicht weiter schlimm und ich kann ungestört weiterlaufen. Ein Teil der Schnellstraße ist für den Marathon gesperrt, während auf den anderen Spuren weiter der Verkehr fließt. Ich laufe extra weit rechts um nicht so viel Autoabgase zu konsumieren. Nun geht es wieder über den Tiber.
Zur rechten kann man eine grosse Sportanlage mit einigen Fußballplätzen (Centro Sportivo) sehen. Dort laufen gerade Jugendspiele. Etwas später geht es dann durch das alte olympische Dorf. Dort begegnen sich dann auch Streckenteile. Ich schaue, ob ich unter den vor mir laufenden einen Bekannten entdecke, aber ich finde niemanden. Etwas später kommt die nächste ähnliche Stelle. Dort sehe ich dann Ralf wieder. Ich rufe im noch etwas aufmunterndes zu, denke mir aber, daß er noch ganz schön zu legen muss, wenn er sein Ziel erreichen will. Na ja, vielleicht wird's ja eine starke zweite Hälfte. So langsam komme ich Klaus-Peter näher. Jetzt geht es parallel zum Tiber Richtung Süden. Hier läuft es eigenlich ganz gut, allerdings stelle ich fest, da ich mit HF-Messer laufe, daß mein Herzfrequenz ein wenig zu hoch ist. Offensichtlich liegt das an dem klimatischen Wechsel, dem sich mein Organismus noch nicht hat anpassen können. Unterwegs treffe ich auch den einen oder anderen deutschen Läufer (an der Trikotbeschriftung erkennbar) und wir plaudern dann ein wenig. Woher man, kommt, wie man trainiert hat (bei Schnee) und was man heute laufen will. Das vertreibt einem gut die Zeit. Mittlerweile habe ich auch zu Klaus-Peter aufgeschlossen. Er liet gut in der Zeit, es könnte für ihn eine neue Bestzeit werden. Das freut mich. Ich biete ihm was von meinem Ultra-Bar an, aber er hat keinen Hunger. Ich musste bei mir schon erstmalig dieses Bedürfnis befriedigen. Leider schaffe ich es nicht bei ihm zu bleiben, mein Puls ist zu hoch. Also lasse ich mich wieder ein wenig fallen. Gut, daß es alle 2,5km einen Stand gibt. Mal mit Schwämmen, mal mit Getränken und Obststückchen. Das macht das Laufen recht kurzweilig. Auf den nächsten Kilometer habe ich Klaus-Peter aber immer in Sichweite vor mir, nur ich komme nicht mehr zu ihm hin. Als wir das Halbmarathon-Ziel hinter uns gebracht haben, wird es ruhiger im Feld. Vorher wurde ich, wie schon erwähnt, permanent von relativ schnellen Läufern übberholt. Das irritert einen schon, so ist es besser. Wir kommen jetzt wieder in den älteren Stadtkern von Rom. Es geht nun durch schmalere Gassen wieder über Kofsteinpflaster. Was am Anfang schon störte wird nun, mit ein paar Kilometern mehr in den Beinen, schlimmer. Das Pflaster ist sehr uneben, man kann kaum den Fuss gerade aufsetzen. Ein sehr unangenehmes Laufgefühl, was sich auch im Fuß, Fußgelenk und Wade bemerkbar macht. Ich berspüher leichte Schmerzen im linken Bein. Ich denke mir, daß das gleich wieder nachlässt und laufe also unbeeindruckt weiter. Der unebene Untergrund macht die Sache aber nicht besser sondern im Gegenteil. Die Schmerzen nehmen zu. Was ist bloß los? Habe ich mich evtl doch schwerer verletzt? Ich laufe jetzt langsamer und ein wenig 'unrund'. Vielleicht wird es ja doch gleich wieder gut.
Bei Kilometer 27 muss ich dann aber doch den Problemen Tribut zollen und bleibe erstmal stehen. An dem Schwammstand kühle ich meinen schmerzenden Oberschenkel. Ich versuche dann noch mal weiter zu laufen, aber es geht kaum. Ich bin sehr enttäuscht. Ich sage mir aber, daß ich mich nicht so lange vorbereitet habe und so weit geflogen bin, um dann aufzugeben. Also quäle ich mich irgendwie weiter. Vor mir liegen aber noch 15km. An eine Zeit kann ich nun nicht mehr denken. Es geht nur noch darum, ins Ziel zu kommen. Ich versuche wieder ein paar Schritte zu laufen, Na ja, so wie ich mich bewege, kann man das kaum laufen nennen. Ein paar hundert Meter geht es, dann muß ich wieder gehen. Mittlerweile werde ich wütend. Ludger kommt an mir vorbeigelaufen und fragt, was los sei. Ich schilder es ihm kurz und wünsche ihm noch einen guten Lauf. Es geht jetzt auf die Piazza del Popolo. In schnellem Humpeln umrunde ich den Platz. Im weitern Verlauf geht es um den Trevi-Brunnen herum. Heute ist er mal nicht so belagert, wie sonst üblich. Der Streckenkurs geht hier weiterhin durch schmale Straßen über Kopfsteinpflaster. Irgenwo stolper ich erneut, als ich mal wieder versuche zu laufen, durch ein Schlagloch und falle in ein Absperrgitter. Das deutsche Schimpfwort, daß ich in diesem Moment von mir gab, haben wohl auch die Italiener verstanden. Scheint heute nicht mein Tag zu sein. Aber wenn man schon angeschlagen ist, dann passieren auch schneller solche Dinge. Weiter geht es. Ganz ist die Innenstadt aber heute nicht vom Autoverkeher befreit, und so muss ich mal einem Auto die Vorfahrt gewähren. Als ich um ein Ecke herumlaufe, stoße ich fast mit zwei Touristen zusammen, die die Strecke überqueren. Heute passiert mir aber auch wirklich alles. Bedingt durch meine Schmerzen im linken Bein, nehme ich die Kulisse und Zuschauer, von denen sich mittlerweile doch einige eingefunden haben, nicht mehr so wahr. Es ist ein permanenter Wechsel zwischen gehen und Laufen/Humpeln in dem ich mich weiter bemühe, das Ziel zu erreichen. Zum dritten mal geht es nun über die Piazza Venezia, wieder am Kapitol vorbei Richtung Süden. Nun kommt eine lange Strecke, auf der man auf der andere Straßenseite, die schnelleren Läufer entgegenkommen sieht. Diese Passage zieht sich schnurgerade ein paar Kilometer lang. Ich schaue immer wieder, ob ich Läufer aus meinem Verein sehe, aber leider kann ich niemanden entdecken. Es geht immer weiter Richtung Süden, und man weiß genau, dass man genau diese Strecke auch wieder zurück muss. Nach dem Wendepunkt erblicke ich dann bald doch noch einige meiner Kameraden. Sie sind noch hinter mir. Ich rufe und winke ihnen zu. Freudig erwidern sie meine Gruß. Uwe fragt was mir passiert sei, daß ich so humpel. Ich antworte nur kurz, daß ich Probleme im Oberschenkel hätte. Nun ist das Kolosseum schon zu sehen. Leider geht es jetzt nicht geradeaus, sondern noch mal rechts ab. Schade!

Ich schaue auf meine Uhr und stelle zu meinem großen erstaunen fest, daß ich trotz meiner starken Problem vielleicht doch noch unter 4 Stunden laufen kann. Ich beiße die Zähne noch mal fest zusammen und bemühe mich wieder ein wenig schneller zu laufen. Es fällt aber schwer, da nun auch das rechte Bein von dem Humplen weh tut. Schon wieder stolper ich über das Kopfsteinpflaster. Ich bin ziemlich wütend und gehe erst mal wieder. Es scheint wohl doch nichts damit zu werden unter 4 Stunden zu laufen. Irgendwann trabe ich wieder. Es sind nur noch ein paar Kilometer bis zum Ziel. Rechts sehe ich einen anderen Läufer auf dem Bordstein sitzen, der mit starken Krämpfen zu kämpfen hat. Ich bleibe stehen und versuche ihm zu helfen. Ich gebe ihm was aus meiner Flasche zu trinken und während er trinkt, versuche ich ihm den Kranpf aus dem Bein zu holen. Es scheint wohl zu helfen, da er bald wieder aufstehen kann. Er bedankt sich und ich trabe weiter. Noch immer kann ich es doch noch schaffen, unter 4 Stunden zu laufen. Ich versuch's! Ich reiße mich zusammen und mobilisiere allen meinen Wilen und meine Kräfte und versuche nochmal ein wenig schneller zu laufen. Lange kann ich es aber so doch nicht durchhalten. Das Kollosseum ist nun direkt vor mir und ich stelle fest, daß ich es schaffen kann, wenn ich noch ein wenig trabe. So quäle ich mich über den letzten Kilometer. Als ich das Ziel sehe, zeigt die offizielle Uhr 3:56. Es sind nur noch ein paar hundert Meter, ich schaffe es! Ich versuche nochmal ein wenig Gas zu geben. Von der Seite ruft mir Gerd zu, der leider nicht mit laufen konnte. Ich werfe ihm meine Flasche zu. Noch 100 Meter, noch 50, ncoh ein paar Schritte. Ich bin auf dem Teppich, ich bin im Ziel! Irgendwie spüre ich kaum noch etwas in meinem linken Bein ausser Schmerzen, daher falle ich dem ersten Sani nach der Ziellinie in die Arme. Nachdem ich von den Sanitätern ins das Massgezelt gebracht worden war und man mich dort behandelte, humpel ich wieder los, hole meine Sachen ab und begebe mich zu unserem Treffpunkt. Mittlerweile sind schon einige meiner Kameraden da. Einerseits bin ich enttäuscht, daß es für mich so schlecht gelaufen ist, andererseits bin ich aber auch stolz, dass ich mich noch durchgebissen habe und dabei sogar noch unter 4 Stunden geblieben bin. Im Laufe der Zeit sind wir fast vollständig. Es fehlt nur noch die 67jährige Elisabeth. Sie ist noch unterwegs. Nach etwas mahr als 6 Stunden ist sie dann auch auf den letzten Hundert Metern zu sehen. Matthias läuft ihr noch mit etwas zu trinken entgegen. Als sie an uns vorbeiläuft jubeln wir ihr alle zu. Auch sie hat es geschafft. Alle waren schneller, aber vor ihrer Leistung habe ich den größtenm Respekt. Klasse!

In den folgenden Tagen hatte ich noch einige Problem mit meinem Oberschnekel und Knie. Das hat mich aber nicht davon abhalten können, mit meinen Vereinskamerade Rom zu erkunden. Wir haben uns alle sehr sehr gut verstanden und hatten viel Spass miteinander. Allen Mitreisenden des LTB ein großes Dankeschön für die schönen Tage in Rom.

Mein Resümée: Wir hatten wunderbare Tage in Rom, einer überaus interessante Stadt. Den Rom- Marathon kann ich allerdings nicht empfehlen. Die langen Passagen über unebenes Kopfsteinpflaster machen den Lauf teilweise zu einer Qual, auch wenn man sich nicht dabei verletzt.